Der heutige Tag, der 18.11 wird in Erinnerung bleiben, als der Tag, an dem über die tief einschneidenden Eingriffe ins Grundgesetz entschieden werden soll. Zum jetzigen Zeitpunkt ist der Ausgang noch ungewiss. Die Änderungen in Version 3 des IfSG betreffen Artikel 28a und 36. Sie dienen der Konkretisierung und Legitimation der massiven Eingriffe ins Grundgesetz. Dies können und wollen wir nicht unkommentiert lassen. Solange wir das Recht haben unsere freie Meinung dazu, im Einklang mit den Werten des Grundgesetzes, öffentlich zu äußern, werden wir dies auch tun.

Von Alexander Wiechert

Die geplante Änderung des IfSG sieht in §28a die folgenden Maßnahmen vor

Im Wortlaut:

  1. Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen im privaten sowie im öffentlichen Raum,
  2. Schließung von Einrichtungen und Betrieben, beziehungsweise Auflagen für Einrichtungen und Betriebe,
  3. Untersagung beziehungsweise Auflagen für das Abhalten von Veranstaltungen und Versammlungen,
  4. Anordnung eines Abstandsgebots im öffentlichen Raum,
  5. Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (Maskenpflicht) in bestimmten Bereichen des öffentlichen Lebens,
  6. Verbot der Alkoholabgabe und des Alkoholkonsums auf bestimmten öffentlichen Plätzen oder zu bestimmten Zeiten,
  7. Untersagung des Betriebs von gastronomischen Einrichtungen zu bestimmten Zeiten (Sperrstunde),
  8. Erhebung, Speicherung und Schutz der Kontaktdaten von Kunden, Gästen oder Veranstaltungsteilnehmern, um nach Auftreten eines Infektionsfalls mögliche Infektionsketten nachverfolgen und unterbrechen zu können.

Hierzu soll entweder §28 IfSG um die genannten Regelmaßnahmen ergänzt oder diese in einen Sondertatbestand (etwa einem neuen §28a IfSG), speziell auf die Corona-Pandemie bezogen, geregelt werden [1].

Dies bedeutet im Besonderen massive Einschränkungen folgender Artikel des GG

  • Grundrechte der Freiheit der Person (Artikel2 Absatz2)
  • Gleichberechtigung (Artikel3 Absatz3)
  • Freiheit des Glaubens (Artikel4 Absatz2)
  • Pflege und Erziehung der Kinder (Artikel6 Absatz2)
  • Versammlungsfreiheit (Atikel8 Absatz1)
  • Freizügigkeit (Artikel11 Absatz1)
  • Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel12 Absatz 1 und 2)

Weiterhin regelt §36 folgende Maßnahmen

  1. Wer aus einem Risikogebiet wieder nach Deutschland zurückkehrt, muss verpflichtend eine Impfdokumentation vorlegen (§36 Abs.10 Nr. 1b) oder sich untersuchen lassen. Mit der Ergänzung wird klargestellt, dass ein Bußgeld fällig wird, wen eine ärztliche Untersuchung nicht geduldet wird. Personen, die kein erforderliches ärztliches Zeugnis oder erforderliches Testergebnis vorlegen, sind verpflichtet, eine ärztliche Untersuchung zu dulden (§36 Abs. 8).
  2. Sämtliche Mitarbeiter der öffentlichen Verkehrsmittel (Bus, Zug, Flugzeug, Schiff) sowie Flughäfen, Bahnhöfe etc. sind angehalten, „Krankheitsverdächtige“ und „Ansteckungsverdächtige“ sofort dem Gesundheitsamt zu melden (§36 Abs. 10 Nr. 2 d und f).
  3. Die bislang in §5 Absatz2 IfSG vorgesehenen Regelungen zum Reiseverkehr sind in §36 IfSG zusammengeführt und u.a. dahingehend angepasst, dass insbesondere auch eine digitale Einreiseanmeldung nach Aufenthalt in Risikogebieten verordnet werden kann, um eine bessere Überwachung durch die zuständigen Behörden zu ermöglichen. Der Begriff des Risikogebiets wird legal definiert.
  4. Beim RKI werden neuartige Surveillance-Instrumente vorgesehen. Dagegen wird von der bislang nicht umgesetzten nichtnamentlichen Meldepflicht in Bezug auf eine Sars-COV-2 Infektion zu Gunsten der Konzentration auf eine namentliche Positivmeldung Abstand genommen. Surveillance ist der englische Begriff für Überwachung.

Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates u.a. folgendes festzulegen (Telematik /EPA)

Ausnahmen von der Verpflichtung zur Nutzung des elektronischen Melde- und Informationssystems,

Definition angemessener Fristen für die Löschung von gespeicherten Daten,

Funktionale und technische Vorgaben einschließlich eines Sicherheitskonzepts,

Definition notwendiger Test-, Authentifizierungs- und Zertifizierungsmaßnahmen,

Definition des Verfahrens der Pseudonymisierung (§14)

  • Vollzug durch die Bundeswehr. Personen, die sich, während sie sich in Liegenschaften der Bundeswehr oder in ortsfesten mobilen Einrichtungen aufhalten, die von der Bundeswehr oder im Auftrag der Bundeswehr betrieben werden (§54a Satz 3). Wobei hier nicht klar definiert wird, was mit „im Auftrag der Bundeswehr betriebenen Einrichtungen“ gemeint ist. (Test- und Impfzentren?)
  • Weiterhin wird, versteckt formuliert, eine Reisebeschränkung ausgesprochen: Eine Reise ist dann vermeidbar, wenn keine zwingenden und unaufschiebbaren Gründe für eine entsprechende Reise zum Zeitpunlt der Abreise vorlagen. Zu einer nicht vermeidbaren Reise dürften z.B., die Geburt des eigenen Kindes oder das Ableben eines nahen Angehörigen, gehören.
  • Der Bundesrat begrüßt ausdrücklich die Aufnahme der Formulierung in §56 Absatz1 Satz 3 IfSG zum Ausschluss eines Entschädigungsanspruches auf Verdienstausfall für Personen, die eine vermeidbare Reise in ein Risikogebiet angetreten haben.

Besonderes Augenmerk möchte ich auf folgende Punkte richten:

  1. Der Gesetzentwurf folgt den Leitgedanken der Bundesregierung zu Berücksichtigung der Nachhaltigkeit, indem zur Stärkung von Lebensqualität und Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger sowie von sozialem Zusammenhalt und gleichberechtigter Teilhabe an der wirtschaftlichen Entwicklung in Sinne der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie.
  2. Zur Begründung: „Alternativen keine“
  3. Auch wenn Paragraf 28 nun genauer definiert wurde, bleibt das Ausmaß der Ermächtigungen dabei aufgrund des Generalklauselcharakters unscharf.

Verfassungswidrigkeit der Maßnahmen gegen Sars-COV2

Alle Corona-Maßnahmen seit März 2020 waren verfassungswidrig: Sie wurden eingeführt, ohne dass die höchste Gewalt im demokratischen Rechtsstaat und der Vertreter des Souveräns, der Deutsche Bundestag, über die Maßnahmen, ihren Umfang und ihre Dauer mitbestimmt hat.

Stattdessen haben die Bundesregierung und die Landesregierungen drastische Maßnahmen ergriffen, die das Leben der gesamten Bevölkerung massiv verändert und in einer Art und Weise umgestaltet haben, so dass sie einem Ausnahmezustand gleichkommt.  Fast alle Grundrechte, die vom Grundgesetz als in ihrem Wesensgehalt nach unverletzlich gestaltet sind, wurden flächendenkend eingeschränkt.

Das bisherige Infektionsschutzgesetz hatte ausdrücklich und unmissverständlich festgelegt, dass nur Kranke, Krankheitsverdächtige und Ansteckungsverdächtige zur Infektionsbekämpfung staatlichen Maßnahmen ausgesetzt werden dürfen, die mit Grundrechten verbunden sind.  

Dennoch richten sich die grundrechtsverletzenden Maßnahmen der Bunds- und Landesregierungen vor allem gegen den gesunden Teil der Bevölkerung. Durch diese Tatsache handelt es sich hierbei um die schwersten Verletzungen von Verfassung und Gesetzen in der Bundesrepublik.

Einfluss der Corona-Maßnahmen auf das Infektionsgeschehen

Obwohl diese Maßnahmen das öffentliche und private Leben in dramatischer Art und Weise verändert und die Lebensqualität der Menschen verschlechtert haben, wurde das Infektionsgeschehen hierdurch nicht primär beeinflusst.

Erfolgreich waren und sind, vergleichbar wie bei der Grippewelle 2017/18, Rücksichtnahme, Vorsicht und selbstverständlich der hervorragende Einsatz der Menschen in unserem Gesundheitssystem.  

Die Regierung und Behörden überbieten sich trotz allem, mit ihren Maßnahmen nach dem Prinzip der Holzhammermethode, der Bevölkerung das Leben schwer zu machen, um sich damit als vermeintlich erfolgreiche Krisenmanager in den Medien selbst darzustellen.

Nach diversen kritischen Meinungsäußerungen sowie Gerichtsentscheidungen, hat man in der Politik erkannt, dass sie seit Monaten gegen Gesetz und Recht verstoßen, mit völlig unverhältnismäßigen Maßnahmen, über die noch nicht einmal der Gesetzgeber selbst entschieden hat.

Versuchte Legalisierung durch den Bundestag

Dieser seit Monaten andauernde offensichtliche Rechtsbruch soll nun durch die dritte Fassung des IfSG, auch „3. Bevölkerungsschutzgesetz“ genannt, legalisiert werden. Doch auch diese Fassung erweist sich als gravierender Verfassungsbruch.

In dem Gesetz soll der neue Paragraf 28a hinzugefügt werden, die sämtlichen Maßnahmen der letzten Monate konkretisiert, als „notwendige Maßnahmen“ deklariert und für zukünftige Maßnahmen als beispielhaft erklärt werden. Dies betrifft u.a. völlig ungeeignete sowie von Gerichten als offensichtlich rechtswidrig anerkannte Maßnahmen.

Der Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit soll durch dieses Beispiel im Infektionsschutz weitgehend außer Kraft gesetzt werden.  Der Verfassungsschutz soll somit legitimiert werden [2].

Was sagen die Experten

Ob mit dieser Gesetzesänderung nun die erhoffte Rechtssicherheit eintritt, bezweifeln Staats- und Verfassungsrechtler.

Im Hinblick auf eine Anhörung im Bundestag, die trotz der vielen, fundamentalen rechtlichen Fragestellungen nicht im Rechtsauschuss, sondern ausschließlich im Ausschuss für Gesundheit abgehalten werden sollte, äußerten die juristischen Sachverständigen in ihren vorab eingereichten Stellungnahmen massive Kritik an den Plänen.

Schon die kurze Frist zur Abgabe ihrer Stellungnahme empfinden eine ganze Reihe von Experten als Zumutung.

So lobt etwa die Jenaer Verfassungsrechtlerin Prof. Dr. Anika Klafki in ihrer schriftlichen Stellungnahme einzig und allein „das Motiv des Gesetzgebers, eine gesetzliche Präzisierung im Hinblick auf Dauer, Reichweite und Intensität möglicher Maßnahmen zu treffen.“

Ansonsten fällt ihr Urteil zum §28a IfSG komplett vernichtend aus:

Die Zusammenstellung der Maßnahmen sei nicht geeignet, die Anforderungen an den Bestimmtheitsgrundsatz in Bezug auf eingriffsintensive Bekämpfungsmaßnahmen zu wahren. Klafki stößt sich daran, dass die Maßnahmen rechtstechnisch als bloße Regelbespiele ausgestaltet seien.

Auch besonders präzise und verständliche findet die Juraprofessorin die Neuregelung nicht:

Stark freiheitsbeeinträchtigende Maßnahmen wie die „Ausgangsbeschränkung“ oder die „Reisebeschränkung“ würden nicht näher ausgestaltet und auch nicht durch spezielle Tatbestandsvoraussetzungen oder einschränkende Maßgaben auf Rechtsfolgenebene begrenzt. Klafki kritisiert, dass künftig sogar im privaten Raum, Ausgangsbeschränkung gestattet seien. „Bei unbefangener Lesart könnte man meinen, der Gesetzgeber wolle die zuständigen Behörden ermächtigen, den Gang in den eigenen Garten zu verbieten.“

Abgesehen von genaueren Voraussetzungen der einzelnen Maßnahmen fehlten im Entwurf Einschränkungen in zeitlicher Hinsicht, die Angabe eines konkreten Ziels und eine Begründungspflicht auch für Rechtsverordnungen. „Schwere Grundrechtseingriffe wie die Corona-Schutzmaßnahmen sollten befristet werden, damit die Behörden vor einer Verlängerung prüfen müssen, ob tatsächlich weiterhin alle bisher ergriffenen Schutzmaßnahmen erforderlich sind.“ Es empfehle sich, hier eine Frist von höchsten vier Wochen anzusetzen. Dies sieht auch der Berliner Verfassungsrechtler Prof. Dr. Christian Möllers so [2].

Appell an die Abgeordneten

Ich appelliere an das Gewissen und den gesunden Menschenverstand, der Abgeordneten des Bundestages, der Neufassung dieses Gesetzes nicht zuzustimmen. Als unsere Vertreter fordere ich Sie auf, alle Stimmen gewissenhaft zu hören und nach Motivation, Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit zu hinterfragen.

In den letzten Monaten ist aber gerade unter dem IfSG eine Vielzahl an Maßnahmen zu schnell und nicht durchdacht beschlossen worden, welche die Grundrechte massiv eingeschränkt oder gar außer Kraft gesetzt haben. So wurde die Versammlungsfreiheit, die Berufsfreiheit, die freie Meinungsäußerung und vieles mehr massiv eingeschränkt oder ganz unterbunden und durch die Exekutive mit Strafandrohungen und unverhältnismäßigen Maßnahmen umgesetzt.

Die wahrenden Stimmen der Verfassungsrechtler beunruhigen mich zutiefst und ich sehe nun die große Gefahr, dass die Legislative nicht bemüht wird, im Namen des Volkes zu entscheiden und das Vorgehen im Falle einer Epidemischen Lage von nationaler Tragweite auf rechtsstaatlichen Boden zurück zu führen, sondern im Gegenteil Gefahr läuft, unverhältnismäßige sowie angst- reaktionsgetriebene und damit nicht ausreichend abgewogenen Maßnahmen gesetzlich zu verankern.

Ich möchte das mit folgenden Punkten untermauern:

  1. Bei der WHO wurde 2009 die Vorgabe zum Ausrufen einer Pandemie ohne große öffentliche Aufmerksamkeit geändert. Es wäre nun möglich jede Form von Pandemie auszurufen, selbst ein grippaler Infekt würde darunterfallen. Somit könnte ein Bedrohungsszenario aufgerufen werden, in dem man eine epidemische Notlage nationaler Tragweite vorschnell rechtfertigen könnte.

Im IfSG wird an verschiedenen Stellen eine Möglichkeit geschaffen, die parlamentarische Gewaltenteilung aufzuheben, da das BMG ohne die Zustimmung des Bundesrates agieren kann.  Verfassungsrechtler mahnen und warnen lautstark, dass kein Ministerium eigenmächtig und im Alleingang schwerwiegende Einschränkungen der grundgesetzlich gesicherten Ordnung vornehmen darf.

Das Grundgesetz wurde erlasen und verabschiedet, um genau solch ein Vorgehen nicht noch einmal zuzulassen.

  • Beschränkungen von Reisen mittels Immunitätsdokumentation und dadurch eine implizite Impfverpflichtung. Mit den vorgeschlagenen Änderungen wird der Immunitätsausweis in elektronischer Form verpflichtend.
  • Der Wert von 50 bzw. 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner, wobei Neuinfektionen für positiv getestete steht, entbehrt in jeglicher Verhältnismäßigkeit. Zum Vergleich: Eine seltene Krankheit wird definiert, wenn nicht mehr als 50 Fälle bei 100.000 Menschen auftritt. Wieso sollen nun solch erhebliche Grundrechtseinschränkungen aufgrund einer seltenen Krankheit im Gesetz verankert werden. Insbesondere ohne das konkrete Wissen, wo und wie sich Menschen mit Sars-COV2 anstecken. Es gibt aber durchaus Indizien, wo sie das nicht tun und das sind u.a. Schulen und in der Gastronomie, die von den Verpflichtungen bzw. Einschränkungen massiv betroffen sind.
  • Wie wurde das wissenschaftliche Prinzip von These, Antithese und Synthese angewandt? Wurden Experten von allen Seiten, mit unterschiedlichen Meinungen, gehört und hatten diese die Möglichkeit zu diskutieren.

Quellen

[1] https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/242/1924232.pdf

[2] https://www.afa.zone/wp-content/uploads/2020/11/AfA-Alarm-Brief2.pdf

[3] https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/corona-massnahmen-28a-ifsg-rechtssicherheit-gerichte-verfassungswidrig-unbestimmt-anhoerung-bundestag/

[4] https://klagepaten.eu/aktion-infektionsschutzgesetz-2020-stoppen/

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